In einer Gewitterzelle steigt warme feuchte Luft mit rasanter Geschwindigkeit auf und kühlt dabei ab. Das unterkühlte Wasser friert auf seinem Weg nach oben an natürlichen Eiskeimen wie Pollen und Staub fest und bildet zunächst kleine Eiskristalle. Im oberen Bereich der Wolke angekommen, fallen diese seitlich aus. Der starke Sog im unteren Bereich der Gewitterwolke zieht die Eiskörner erneut in den Aufwindkanal, wo sie neue Feuchtigkeit aufnehmen und wieder nach oben geschleudert werden. Ein Wachstumskreislauf, der erst endet, wenn sie als gewaltige Eisgebilde von der Gewitterzelle ausgeworfen werden. Diesen Prozess rechtzeitig zu unterbinden, ist Ziel der Hagelabwehr.
Bei jeder Verbrennung werden Rauchpartikel frei. Dieses Prinzip nutzt die Hagelabwehr, um Gewitterzellen künstlich mit Eiskeimen anzureichern. Denn je mehr Eiskeime in der Wolke zur Verfügung stehen, desto weniger Wasser setzt sich am einzelnen Eiskeim fest. Anstelle weniger großer Eiskristalle bilden sich dann viele kleine. Die Piloten zünden ihre Generatoren im Aufwindfeld der Gewitterzelle. Das in Aceton gelöste Silberjodid verbrennt und „impft“ die Wolke mit seinem Rauch, also mit zusätzlichen künstlichen Eiskeimen. Das ideale Ergebnis ist dann ein deutlich verkleinerter Hagelschlag, der im besten Fall am Boden nur noch als Graupel oder satter Regen ankommt. Aufgrund der extrem geringen Konzentration kann das eingesetzte Silberjodid nicht mehr im Boden nachgewiesen werden.
Silberjodid (AgJ) qualifiziert sich besonders durch seine Wasseraffinität. Es besitzt eine dem Eis sehr ähnliche kristalline Struktur. In Wolkenkammer-Experimenten fand man um 1950 heraus, dass Silberjodid bereits bei -3° Celsius als künstlicher Eiskeim wirksam wird. Auf seiner Oberfläche lagern sich vermehrt Wassermoleküle (H2O) an, die anschließend zu winzigen Eiskristallen gefrieren. Weitere Tests ergaben, dass diese Erkenntnisse auch auf natürliche atmosphärische Bedingungen übertragbar sind.
Während die Piloten vom Flugplatz Vogtareuth aus in die Luft starten, unterstützt der Meteorologe sie vom Boden aus mithilfe von Wetterdaten bei der genauen Lokalisierung der Gewitterzelle. Nur so kann das Aufwindfeld schnell gefunden und die Wolke effektiv geimpft werden. Neben der Orientierung an Wetterdaten spielt vor allem auch die Erfahrung der Piloten eine wichtige Rolle. Das enge Zusammenspiel im Team, genaue Beobachtung des Wetterprozesses und laufende Abstimmung über Funk machen es erst möglich, die Entwicklung eines Gewitters aus dem Cockpit heraus treffsicher einzuschätzen.